Statische Bestimmtheit


In diesem Kapitel widmen wir uns dem Begriff der statischen Bestimmtheit. Dieser gibt uns eine Aussage darüber, ob wir die Lagerreaktionen eines Systems (Tragwerk und Lagerung) aus den Gleichgewichtsbedingungen errechnen können.

 
Hinweis

Hinweis: Statische Bestimmtheit eines Tragwerks liegt dann vor, wenn die Lagerreaktionen bei beliebiger Belastung eindeutig aus den Gleichgewichtsbedingungen bestimmbar sind, also wenn die Anzahl der unbekannten Lagerreaktionen der Anzahl unabhängiger Gleichungen entspricht.

hier Beispiele [Gross Abb. 5.6a]

Beispiel: Ein Balken ist durch ein zweiwertiges Lager und ein einwertiges Lager gelagert. Es treten also drei unbekannte Lagerreaktionen auf. Der Balken hat drei Freiheitsgrade. Mit der Gleichung für die Freiheitsgrade für einen Körper folgt, dass ist. Demnach ist der Balken statisch bestimmt gelagert. Wir müssen jedoch beachten, dass die Bedingung nur eine notwendige Bedingung darstellt (vgl. dazu folgendes Beispiel). Das Tragwerk muss darüber hinaus unbeweglich sein.

Beispielskizzen für Ausnahmefälle f=0 (z.B. Balken mit drei Loslagern aber dennoch nicht bestimmt weil verschieblich)

Für einen Balken, der am Boden durch drei Loslager gelagert ist, gilt zwar dennoch ist er nicht statisch bestimmt gelagert, da er in der Horizontalen verschieblich ist. 

 
Hinweis

Hinweis: Ist bei einem Tragwerk eine Bewegungsmöglichkeit (endlich oder infinitesimal) gegeben, ist es kinematisch unbestimmt. Kinematische Bestimmtheit ist Voraussetzung für statische Bestimmtheit.

Kinematische Unbestimmtheit kann z. B. auch dann vorliegen, wenn eine infinitesimale Drehung der Scheibe erfolgen kann, also das Momentengleichgewicht bezüglich eines Punkts der Scheibe nicht gegeben ist.

 
Hinweis

Hinweis: In der Ebene liegt bei einem Tragwerk statische Bestimmtheit vor, wenn das Tragwerk nicht beweglich ist (kinematische Bestimmheit gegeben) und genau drei Lagerreaktionen auftreten, also in folgenden Fällen:

  1. Drei Kräfte, die nicht zentral und nicht alle parallel sind

  2. Zwei Kräfte, die nicht parallel sind, und ein Moment

Wichtig ist es zu beachten, dass die statische Bestimmtheit nur von der Lagerung abhängig ist und nicht von der Belastung.

Tragwerke setzen sich oftmals aus mehreren miteinander verbundenen starren Teilkörpern zusammen. Die Verbindungselemente zwischen den Teilkörpern übertragen dabei Kräfte bzw. Momente. Ein Gelenk z. B. kann eine Kraft in jede Richtung übertragen. In der Ebene ist bei ihm die Anzahl der Verbindungsreaktionen (zwei Kraftkomponenten). Es nimmt keine Momente auf. Die Anzahl der Lagerreaktionen ergibt sich aus der Wertigkeit des Lagers.

Notwendig für die statische Bestimmtheit eines Systems ist, dass die Anzahl der Gleichungen gleich der Anzahl der Unbekannten eines Systems ist, also wenn folgende Bedingung erfüllt ist:

 
Vorgehen

Grad der statischen Unbestimmtheit

              üü

 

Anzahl der Freiheitsgrade

Anzahl der Lagerreaktionen 

Anzahl der Verbindungsreaktionen

Anzahl der Teilkörper

 
Hinweis

Die statische Wertigkeit eines Lagers entspricht der Anzahl an Lagerreaktionen.

 
Hinweis
Ist die notwendige Bedingung erfüllt und das System unbeweglich, dann ist es statisch bestimmt.

Ist bzw. ist das System beweglich. Wenn bzw. ist das System statisch unbestimmt. Ist nennen wir das System zweifach statisch unbestimmt. Lagerreaktionen solcher Systeme können wir berechnen, wenn wir ihre Verformung berücksichtigen. Dies ist jedoch Teil der Elastostatik. Die Bestimmung aller Lager- bzw. Verbindungsreaktionen aus den Gleichgewichtsbedingungen ist beim statisch unbestimmten Tragwerk nicht möglich. Jedoch können wir in einigen Fällen einzelne Lager- oder Verbindungsreaktionen ermitteln.

 
Hinweis
Ein System ist äußerlich statisch bestimmt, wenn wir die äußeren Lagerreaktionen allein mithilfe der Gleichgewichtsbedingungen berechnen können. Wir nennen das System innerlich statisch unbestimmt, wenn wir die Verbindungsreaktionen nicht berechnen können.
 
Vorgehen

Bestimmung von Verbindungs- und Lagerreaktionen

Scheide die einzelnen Körper voneinander und von den Lagern frei, d. h. zeichne die Freikörperbilder unter Berücksichtigung der Verbindungs- und Lagerkräfte.

  1. Stelle die drei Gleichgewichtsbedingungen für jeden freigeschnittenen Freikörper auf.
  2. Löse das in 2. aufgestellte Gleichungssystem nach den unbekannten Verbindungs- und Lagerreaktionen auf.