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Theorie:
Definition von Folgen
Die Folge ist einer der wichtigsten Begriffe in der Analysis. Anhand von Folgen werden wir nämlich später den Begriff des Grenzwerts definieren. Damit wiederum können wir alle wichtigen Konzepte der Analysis wie die Ableitung und die Stetigkeit einführen.
Der Begriff der „Folge“ ist uns bereits aus dem alltäglichen Leben bekannt.
Es gibt eine genau definierte Anordnung der Folgenglieder, die beachtet werden muss. Nach dem Aufstehen sollte man zuerst Kaffee kochen, bevor man diesen trinkt (die umgekehrte Reihenfolge wäre suboptimal ).
Außerdem können in einer Folge ein oder mehrere Objekte mehrmals als Folgenglieder auftreten. In der Folge der Fußballweltmeister kommen einige Nationen mehr als einmal vor, weil sie die Fußballweltmeisterschaft mehr als einmal gewonnen haben. Dies unterscheidet eine Folge insbesondere von einer Menge. Für eine Menge kann nämlich nicht sinnvoll gefragt werden, wie oft ein Element in ihr vorkommt. Man kann nur fragen, ob ein Objekt Element einer Menge ist oder nicht.
Des Weiteren kannst du die einzelnen Folgenglieder einer Folge durchnummerieren. Du kannst sagen, wer der erste Präsident der USA, der zweite und so weiter war. Jedem Element einer Folge kann also eine oder mehrere Zahlen zugeordnet werden, die angeben, wo dieses Objekt in der Folge vorkommt.
Viele der im Alltag bekannten Folgen sind endlich, es sind aber auch unendliche Folgen vorstellbar. Würde man bis in alle Ewigkeit Fußballweltmeisterschaften austragen, wäre die Folge der Fußballweltmeister unendlich lang.
Kommen wir nun zu dem Begriff der Folge in der Mathematik. Der große Unterschied zum Folgenbegriff im Alltag ist der, dass in der Mathematik eine Folge immer unendlich lang ist. In der Mathematik gibt es auch endliche Folgen, welche aber Tupel genannt werden. Diese sind endliche Abfolgen von Objekten und entsprechen den endlichen Folgen aus dem Alltag.
Eine Folge ist also eine unendliche Abfolge
Eine Folge
Diese Definition ist intuitiv, weil wir den Begriff, „unendliche Abfolge " nicht exakt definiert haben. Dies muss für eine exakte Definition nachgeholt werden.
Beispiele:
Die Folge
Die Folge
Die einzelnen Elemente
Für eine Folge mit Elementen aus der Menge
Meint man die gesamte Folge, schreibt man
In der eindimensionalen Analysis betrachten wir vor allem Folgen mit reellen Zahlen als Folgenglieder. Diese speziellen Folgen nennt man reelle Folgen. In folgender Übersicht und in folgender Tabelle sind alle wesentlichen Begriffe zu den Bestandteilen von Folgen zusammengefasst:
Begriff | Schreibweise | Definition |
Folge | Eine Folge ist eine unendliche Abfolge von Objekten. | |
Folgenglied | Ein Folgenglied ist ein konkretes Objekt, das in der Folge an einer bestimmten Stelle vorkommt. | |
Index | Der Index ist eine natürliche Zahl, die die Folgenglieder durchnummeriert. |
Einige Studenten stellen sich unter einer reellen Folge eine kontinuierliche Funktion vor (insbesondere, wenn sie diese zeichnen wollen). Dies ist jedoch falsch, da eine reelle Folge nur aus einer Abfolge einzelner reeller Zahlen besteht. Dies demonstriert die folgende Gegenüberstellung der harmonischen Folge
Oben haben wir die Folge intuitiv als unendliche Abfolge von Objekten definiert. Mit Hilfe des Funktionenbegriffs kann diese Definition konkretisiert und vor allem mathematisch exakt formuliert werden. Hierzu nehmen wir die Menge der natürlichen Zahlen und ordnen jeder natürlichen Zahl
Eine solche Zuordnung ist nichts anderes als eine Funktion
Die „unendliche Abfolge“ von Folgengliedern können wir somit als eine Funktion auffassen, die für jede natürliche Zahl
Folge
Eine Folge in einer Menge
Wir schreiben
Obige Definition nutzt nur bereits bekannte Konzepte und erfüllt damit die Anforderungen an eine mathematisch exakte Definition. Deswegen wird sie in den meisten Lehrbüchern als Definition einer Folge verwendet.
Beispiele und Eigenschaften von Folgen
Eine Folge heißt konstant, wenn alle ihre Folgenglieder gleich sind. So ist folgende Folge konstant:
Mit
Beispiel für eine arithmetische Folge:
Arithmetische Folgen haben die Eigenschaft, dass die Differenz zweier benachbarter Folgenglieder konstant ist. So ist die Folge der ungeraden natürlichen Zahlen eine arithmetische Folge, da sie eine konstante Differenz von 2 zwischen zwei Folgengliedern besitzt:
Beispiel einer geometrischen Folge:
Bei der geometrischen Folge ist das Verhältnis zweier aufeinanderfolgender Folgenglieder konstant. Dabei darf kein Folgenglied 0 sein, da man sonst kein Verhältnis zum nächsten Folgenglied bilden könnte. Ein Beispiel hierfür ist die Zahlenfolge
Beispiel einer alternierenden Folge:
Bei einer alternierenden Folge ändert sich das Vorzeichen zwischen zwei Folgengliedern. Der Begriff „alternierend“ bedeutet hier „regelmäßiger Vorzeichenwechsel“. So wechselt bei der Folge
Die Fibonacci-Folge ist eine in der Mathematik besonders populäre Folge, auf die 1202 der Mathematiker Leonardo Fibonacci in seinen Arbeiten stieß (nach ihm wurde auch diese Folge benannt). Er untersuchte das Verhalten einer Kaninchenpopulation, für die er folgende Regeln aufstellte:
Mischfolgen sind Verallyemeinerungen der alternierenden Folge. Aus zwei Folgen
Ein Folgenglied mit ungeradem Index, sagen wir
Um nun eine allgemeine Formel fur
Wenn du eine Aufgabe lösen willst, in der eine Folge durch eine Fallunterscheidung, ob
Ein Beispiel einer beschränkten Folge
Eine Folge nennt man in der Mathematik nach oben beschränkt, wenn es eine Zahl gibt, die die Folgenglieder nie überschreiten. Eine solche reelle Zahl wird obere Schranke der Folge genannt („diese Zahl beschränkt die Folge von oben"). Damit ergibt sich folgende Definition einer nach oben beschränkten Folge:
Analog ist eine Folge nach unten beschränkt, wenn sie eine untere Schranke besitzt. Es gibt also eine reelle Zahl, die die Folgenglieder nicht unterschreiten. Dementsprechend ist die untere Beschränktheit definiert mit:
Wenn eine Folge sowohl nach oben als auch nach unten beschränkt ist, nennt man diese Folge beschränkt. Damit haben wir die Definitionen:
obere Schranke: Eine obere Schranke ist eine Zahl, die größer als jedes Folgenglied einer Folge ist.
nach oben beschränkte Folge: Eine Folge ist nach oben beschränkt, wenn sie irgendeine obere Schranke besitzt.
untere Schranke: Eine untere Schranke ist eine Zahl, die kleiner als jedes Folgenglied einer Folge ist.
nach unten beschränkte Folge: Eine Folge ist nach unten beschränkt, wenn sie irgendeine untere Schranke besitzt.
beschränkte Folge: Eine Folge ist beschränkt, wenn sie sowohl nach oben als auch nach unten beschränkt ist.
Folgen werden auch nach ihrem Wachstumsverhalten unterschieden: Werden die Folgenglieder einer Folge immer größer (also jedes nachfolgende Folgenglied
Wir erhalten folgende Definition:
monotone Folgen
Für eine reelle Folge
Definition Grenzwert
In diesem Kapitel wird das Konzept des Grenzwerts (auch Limes genannt) bzw. der Konvergenz einer Folge eingeführt. Da Begriffe wie Stetigkeit, Ableitung und Integral mithilfe des Grenzwertbegriffes definiert werden, ist der Grenzwert sehr wichtig. Er bildet damit das Rückgrat der Analysis.
Um eine mathematische Definition des Grenzwerts zu finden, sollten wir zunächst eine intuitive Idee für diesen Begriff bekommen. Schauen wir uns dafür die harmonische Folge
Diese nähern sich von oben immer mehr der Null an und man kann intuitiv sagen:
Alle diese Erklärungen beschreiben intuitiv, was wir in der Analysis den Grenzwert einer Folge nennen. In diesem Fall ist 0 der Grenzwert der harmonischen Folge
Um als Mathematiker mit dem Begriff des Grenzwerts arbeiten zu können, brauchen wir eine klare und exakte Definition. Diese können wir finden, indem wir mit einer intuitiven Idee starten und diese so lange konkretisieren, bis wir eine exakte mathematische Definition haben. Die Konkretisierung erfolgt so lange, bis wir eine Formulierung finden, die nur noch bereits definierte Begriffe enthält. Fangen wir mit der folgenden intuitiven Beschreibung des Grenzwerts an:
„Eine Folge hat einen Grenzwert
Was bedeutet „beliebig nahe “ im obigen Satz? Wir können es so übersetzen: Stellen wir uns die Folgenglieder in einem Koordinatensystem vor, wobei auf der
Wenn die Folgenglieder nun, „beliebig nahe“ an
Der Punkt
Nun ist der Punkt, der nicht mehr in den dünneren Schlauch passt, weiter rechts als im vorherigen Bild. Das neue erste Folgenglied im Schlauch nennen wir
Dieser Schlauch hat keine nähere mathematische Bedeutung. Wir haben ihn nur verwendet, um zu zeigen, dass die Folgenglieder immer näher an der gestrichtelten Linie liegen. Sie gehen also immer näher an
Wir haben Indizes wie
Da solche Startindizes wie
Wir haben also herausgefunden, dass fast alle Folgenglieder in dem Schlauch liegen, egal wie dünn dieser ist. Das heißt, dass die Folgenglieder immer näher an den Grenzwert
Dazu stellen wir uns ein Koordinatensystem vor, auf dem unendlich viele Folgenglieder einer konvergierenden Folge dargestellt sind. Nun nehmen wir einen
Die Anzahl der Folgenglieder, die innerhalb des Intervalls
Wenn „fast alle“ Folgenglieder im Intervall
Insgesamt können wir definieren:
Eine Folge hat einen Grenzwert
Obige Aussage könnten wir als mathematische Definition des Grenzwerts verwenden. Jedoch ist es sinnvoll, diese Definition noch weiter zu formalisieren.
Nun ist ein Folgenglied
Eine Folge
Den Teil „es gibt ein Folgenglied, ab dem gilt ...“ können wir umformulieren zu ,es gibt eine natürliche Zahl
Eine Folge
Dies ist dann auch die mathematische Definition des Grenzwerts.
Grenzwert
Eine Folge
Kommentiert lautet die prädikatenlogische Definition des Grenzwerts:
Es folgen einige Definitionen im Zusammenhang mit dem Grenzwert:
Konvergenz:
Eine Folge heißt konvergent, wenn sie einen Grenzwert besitzt. Man sagt auch, dass eine Folge gegen a konvergiert, wenn sie den Grenzwert
Divergenz:
Eine Folge nennt man divergent, wenn sie keinen Grenzwert besitzt.
Nullfolge:
Eine Nullfolge ist eine konvergente Folge mit dem Grenzwert
Wenn eine Folge gegen
Für den Betrag gilt
Es ist also egal, ob wir
Aus der Definition der Konvergenz folgt unmittelbar, dass
Dies entspricht aber der Definition dafür, dass
Somit gilt auch
Warnung
Im Studium begegnet man hin und wieder der Fehlvorstellung „Eine Folge divergiert genau dann, wenn sie unbeschränkt ist.“ Diese Aussage ist falsch!
Der intuitive Denkfehler dahinter ist wahrscheinlich oft der voreilige Schluss: „Das Gegenteil von
Zwar ist jede unbeschränkte Folge divergent (siehe hierzu das Kapitel Unbeschränkte Folgen divergieren), aber nicht jede divergente Folge muss zwangsläufig unbeschränkt sein. Ein Beispiel hierfür ist die Folge
Neben der obigen Herleitung gibt es eine weitere Intuition für den Grenzwertbegriff: Die Größe
Diese Interpretation kann auch durch die Wahl der Variablen gestützt werden. Augustin-Louis Cauchy könnte mit
Schauen wir uns das Ganze bei der harmonischen Folge mit dem allgemeinen Glied
Nimm zum Beispiel
Machen wir das nun ganz allgemein und denken uns ein beliebiges
Eindeutigkeit des Grenzwerts
Jede konvergente Folge besitzt nur einen einzigen Grenzwert.
Eindeutigkeit des Grenzwerts
Dieser Satz macht Ausdrücke wie
Eindeutigkeit des Grenzwerts
Den Satz werden wir indirekt über einen Widerspruchsbeweis zeigen. Hierzu gehen wir davon aus, dass es eine konvergente Folge
Nennen wir die beiden Grenzwerte
Nimm also ein Blatt Papier und zeichne eine Zahlengerade ein. Markiere nun zwei verschiedene Zahlen auf der Zahlengerade, die unsere zwei Grenzwerte
Wenn man also
Nach Kürzung beider Seiten mit
Konvergenz und Divergenz beweisen
In diesem Kapitel wird erläutert, wie man die Konvergenz und Divergenz einer Folge beweisen kann. Normalerweise teilt sich diese Arbeit in zwei Arbeitsschritte auf: Zunächst versucht man auf einem Schmierblatt, eine Beweisidee zu finden, die man danach im zweiten Schritt in einem Beweis umsetzt und ins Reine schreibt. Dabei ist oftmals der Lösungsweg auf dem Schmierblatt ein völlig anderer als die letztendliche Beweisargumentation.
Jedoch gibt es kein Schema F zur Lösung von Grenzwertaufgaben! Auch wenn ich dir in diesem Kapitel einige Tipps und Tricks mit an die Hand gebe und dir im Studium auch immer wieder neue Lösungen für Konvergenzaufgaben begegnen werden, wirst du auf Übungsaufgaben stoßen, bei denen die bisher gelernten Lösungsstrategien nicht funktionieren. Hier musst du selbst kreativ werden und auf Basis der dir bereits bekannten Sätze versuchen, neue Lösungswege zu finden. Dies ist aber gewollt. Denn du sollst im Mathematikstudium lernen, innovative Lösungsstrategien für neue Problemtypen zu entwickeln.
Bevor wir uns einer konkreten Beispielaufgabe zuwenden, ist es sinnvoll, die allgemeine Beweisstruktur für die Konvergenz einer Folge zu verstehen. So weiß man nämlich, wie der finale Beweis aussehen muss. Die Konvergenz der Folge
Diese Aussage gibt die allgemeine Beweisstruktur vor:
Der Satz „
Die Beispielaufgabe lautet
„Konvergiert die Folge
Der Lösungsweg involviert folgende Schritte:
Grenzwert finden
Zunächst müssen wir bestimmen, ob die Folge
Fangen wir also damit an, die ersten zehn Folgenglieder von
Diese können wir in einem Diagramm einzeichnen:
Wir sehen, dass die ersten Folgenglieder monoton steigen, wobei der Anstieg zwischen den Folgengliedern immer kleiner wird. Wir können deswegen vermuten, dass die Folge konvergiert. Ein klarer Kandidat für einen Grenzwert ist noch nicht erkennbar. Hierfür können wir hohe Folgenglieder ausrechnen, weil diese in der Nähe des Grenzwerts liegen müssten. Es ist
und
Große Folgenglieder liegen also in der Nähe von 1 und deswegen liegt die Hypothese nahe, dass 1 der Grenzwert der betrachteten Folge ist. Aber auch folgende Überlegungen stützen diese Hypothese: Wenn
Wegen diesen Betrachtungen kommen wir zur Hypothese, dass 1 der Grenzwert der Folge
Warnung
Obige Argumentationen erfüllen nicht die Voraussetzungen eines gültigen Beweises. Durch sie kann nur eine Vermutung gewonnen werden, was der Grenzwert einer Folge sein könnte. Einen Beweis musst du danach immer gesondert führen.
Beweisschritte finden
Der Kern des Beweises ist die Abschätzung
Auch kann man probieren,
Von diesem Ausdruck wissen wir aufgrund des archimedischen Axioms, dass er irgendwann kleiner als
Damit haben wir die gewünschte Abschätzung mit der einzigen Bedingung
Beweis aufschreiben
Wir schreiben nun den Beweis ins Reine (zur Übung kannst du selbst probieren, den Beweis nach dem obigen Schema aufzuschreiben):
Sei
Wenn wir den Beweis und den Lösungsweg miteinander vergleichen, dann sehen wir, dass sie völlig verschieden formuliert sind. Im Beweis scheint die Wahl von
Die Divergenz einer Folge tritt per Definition genau dann ein, wenn die Folge nicht konvergent ist. Die aussagenlogische Formulierung von Divergenz ist also genau die Negation der Konvergenz-Definition. Dafür tauschen wir alle Quantoren aus und ändern im Teil nach den Quantoren
Die damit verbundene Beweisstruktur ist:
Hier können Teile des Beweisschemas weggelassen werden, wenn sie offensichtlich sind. Jedoch muss die grundlegende Beweisstruktur erhalten bleiben.
Schauen wir uns den Divergenzbeweis exemplarisch an folgender Aufgabe an:
„Divergiert die Folge
Auch hier können wir mit den obigen Techniken (erste Folgenglieder berechnen, große Folgenglieder ausrechnen usw.) eine Vermutung aufstellen, ob diese Folge divergiert. Wir sehen aber schnell, dass die Folge über alle Grenzen hinweg wächst und sich dabei keiner reellen Zahl annähert. Die Folge
Lösungsweg
Kern des späteren Beweises ist die zu zeigende Ungleichungskette
Starten wir also wieder mit dem Betrag
Jedoch können wir
Fangen wir also an mit
„Für jede Zahl
Wir müssen nur
Nun müssen wir
So erhalten wir die neue Bedingung
Beweis aufschreiben
Nun haben wir alle notwendigen Schritte, um den Beweis zu führen:
Beweis: Sei
Monotoniekriterium
In diesem Kapitel werden wir beweisen, dass monotone und beschränkte Folgen konvergieren. Wenn du also zeigen kannst, dass eine Folge beschränkt und monoton ist, dann muss diese konvergieren. Das Schöne dabei: Für diesen Beweis musst du den Grenzwert der Folge nicht kennen!
So ist dieser Satz bei Konvergenzbeweisen für rekursiv definierte Folgen hilfreich, denn bei rekursiv definierten Folgen ist eine Abschätzung des Abstands zwischen dem Grenzwert und dem Folgenglied oft schwierig.
Die Folge
Monotoniekriterium für Folgen
Jede monotone und beschränkte Folge reeller Zahlen konvergiert.
Monotoniekriterium für Folgen
Diesen Satz kannst du folgendermaßen nachvollziehen: Versuche, auf der Zahlengerade eine divergente, monotone und beschränkte Folge einzuzeichnen. Zur Erinnerung: Eine Folge ist monoton, wenn entweder immer
Häufungspunkte von Folgen
Beim Begriff „Häufungspunkt“ müssen wir aufpassen. Es gibt nämlich zwei verschiedene Arten von Häufungspunkten in der Mathematik: Häufungspunkte von Folgen und Häufungspunkte von Mengen. Obwohl beide Begriffe eng miteinander verwandt sind, müssen wir zwischen ihnen unterscheiden. In Vorlesungen und Übungen sollte man sich immer klar machen, um welche Art von Häufungspunkt es gerade geht.
In diesem Kapitel werden Häufungspunkte von Folgen vorgestellt. Wenn wir also im Folgenden das Wort „Häufungspunkt “ benutzen, dann ist damit der Häufungspunkt einer Folge gemeint.
Wir stoßen auf den Begriff des Häufungspunkts, wenn wir uns das Grenzwertverhalten bestimmter Folgen anschauen. Nehmen wir die Folge
Im Diagramm sieht die Folge so aus:
Wir sehen zunächst, dass die Folge keinen Grenzwert besitzt. Es gibt nämlich keinen eindeutigen Wert, gegen den sie strebt. Dennoch können wir ein gewisses Grenzwertverhalten ausmachen: Ein Teil der Folge scheint gegen
Für dieses „Streben eines Teils der Folge“ gibt es den Begriff des Häufungspunkts. Wir werden sehen, dass
Häufungspunkte sind Werte, gegen die ein Teil einer Folge strebt.
Diese intuitive Beschreibung müssen wir noch in eine mathematisch exakte Definition umformulieren.
Wie kann man die Intuition „Streben eines Teils einer Folge" allein durch mathematische Begriffe ausdrücken? Im letzten Kapitel haben wir das Konzept einer Teilfolge kennengelernt. Es liegt nahe, die Umschreibung „Teil einer Folge“ durch den Begriff, „Teilfolge“ zu ersetzen. Genauso können wir „Streben eines Teils einer Folge" durch "Streben einer Teilfolge" ersetzen.
Wir müssen noch konkretisieren, was "Streben einer Teilfolge" gegen einen Wert sein soll. Die Konvergenz einer Folge beschreibt die intuitive Idee, dass eine Folge gegen einen Grenzwert strebt. Wir können also die Umschreibung,
„...ein Teil einer Folge strebt gegen einen Wert"
durch folgende Formulierung ersetzen:
„...eine Teilfolge konvergiert gegen einen Wert“
So erhalten wir folgende Definition des Häufungspunkts:
Häufungspunkt einer Folge
Eine Zahl
Den Grenzwert einer Folge hatten wir dadurch charakterisiert, dass in jeder Umgebung des Grenzwerts fast alle Folgenglieder liegen. Für Häufungspunkte gibt es eine ähnliche Charakterisierung: Eine Zahl ist Häufungspunkt einer Folge, wenn in jeder Umgebung um den Punkt unendlich viele Folgenglieder liegen. Der Unterschied zum Grenzwert liegt darin, dass sich in jeder Umgebung um den Häufungspunkt nur unendich viele und nicht fast alle Folgenglieder befinden müssen
Zur Erinnerung: Eine
Damit
Umgebungsdefinition des Häufungspunkts
Eine Folge
Diese Definition zeigt, dass der Häufungspunktbegriff eine Abschwächung des Grenzwertbegriffs ist. Bei Grenzwerten müssen in jeder
Aus beiden Definitionen des Häufungspunkts folgt direkt, dass jeder Grenzwert auch Häufungspunkt ist. Nach Definition konvergiert eine Folge genau dann, wenn in jeder Umgebung um den Häufungspunkt fast alle Folgenglieder liegen. Damit liegen aber auch in jeder Umgebung unendlich viele Folgenglieder, denn „fast alle Folgenglieder“ bedeutet „alle Folgenglieder bis auf endlich viele Ausnahmen “ und dies impliziert „unendlich viele Folgenglieder“. Dies zeigt, dass jeder Grenzwert auch Häufungspunkt ist:
Jeder Grenzwert ist Häufungspunkt
Bei konvergenten Folgen ist der Grenzwert der Folge auch ein Häufungspunkt.
Umgekehrt ist aber nicht jeder Häufungspunkt ein Grenzwert. Im einführenden Beispiel hatten wir eine Folge mit zwei Häufungspunkten kennengelernt. Jedoch wissen wir, dass es höchstens einen Grenzwert pro Folge geben kann. Der Grenzwert ist eindeutig. Die Häufungspunkte im einführenden Beispiel sind demnach keine Grenzwerte.
Halten wir fest: Jeder Grenzwert ist Häufungspunkt, aber nicht jeder Häufungspunkt ist Grenzwert. Damit ist der Begriff des Häufungspunkts eine Verallgemeinerung des Grenzwertbegriffs. Außerdem können wir festhalten: Da jeder Grenzwert ein Häufungspunkt ist und eine konvergente Folge genau einen Grenzwert besitzt, müssen alle Folgen divergieren, die keinen oder mehr als einen Häufungspunkt besitzen:
Jede Folge mit mehr als einem oder mit keinem Häufungspunkt divergiert.
Grenzwert | Häufungspunkt |
Jede Teilfolge konvergiert gegen den Grenzwert. | Mindestens eine Teilfolge konvergiert gegen den Häufungspunkt. |
In jeder |
In jeder |
Eine Folge hat höchstens einen Grenzwert. | Es kann beliebig viele Häufungspunkte geben. |
Jeder Grenzwert ist Häufungspunkt. | Es gibt Häufungspunkte, die keine Grenzwerte sind. |
Bestimmte Divergenz
Bisher haben wir vor allem die Konvergenz von Folgen untersucht. In diesem Kapitel werden wir uns mit divergenten Folgen beschäftigen. Hier können nämlich zwei Arten der Divergenz unterschieden werden: Bestimmte und unbestimmte Divergenz.
Wenn wir uns divergente Folgen anschauen, dann gibt es Folgen wie
Die Folge
Bei solchen Folgen werden wir sagen, dass sie bestimmt gegen
Die Folge
Wir haben gesehen, dass die bestimmte Divergenz das eindeutige Streben einer Folgen gegen
Beginnen wir mit der bestimmten Divergenz gegen
Bestimmte Divergenz gegen
Eine Folge
Wir können die Aussageform der bestimmten Divergenz gegen unendlich so übersetzen:
Analog können wir die bestimmte Divergenz gegen
Bestimmte Divergenz gegen
Eine Folge
Wenn eine Folge
Analog benutzen wir folgende Schreibweise, wenn eine Folge
Die Schreibweise
Konvergenz | Bestimmte Divergenz |
In jeder |
In jedem Intervall |
Alle Teilfolgen konvergieren gegen denselben Grenzwert. | Auch alle Teilfolgen divergieren bestimmt gegen |
Jede konvergente Folge ist beschränkt. | Jede bestimmt divergente Folge is unbeschränkt. |
Dementsprechend gibt es für bestimmte Divergenz auch den Begriff der uneigentlichen Konvergenz. Das Wort „uneigentliche Konvergenz “ deutet darauf hin, dass die bestimmte Divergenz gewisse Ähnlichkeiten zur Konvergenz aufweist. Sie ist aber in ihrem Wesen eine Divergenz.
Es ist wichtig, dass wir uns merken, dass die bestimmte Divergenz eine Art der Divergenz ist, obwohl sie der Konvergenz ähnelt und wir sie als uneigentliche Konvergenz bezeichnen. Wir dürfen also auf bestimmt divergente Folgen keine Rechenregeln anwenden, die nur für konvergente Folgen gelten. Ein Beispiel ist die Produktregel
Man erhält also die falsche Aussage
Lim sup und Lim inf
Der Limes superior und der Limes inferior ist der größte und der kleinste Häufungspunkt einer Folge. Diese dienen als partiellen Ersatz für den Grenzwert, wenn dieser nicht existiert.
Der Grenzwert einer Folge ist diejenige Zahl, gegen die eine Folge im Unendlichen strebt. In jeder Umgebung um den Grenzwert liegen fast alle Folgenglieder und damit befinden sich nur endlich viele Folgenglieder außerhalb einer beliebigen Umgebung:
Auch, wenn nicht jede Folge einen Grenzwert besitzt, kann man sowohl bei konvergenten als auch bei divergenten Folgen einiges über ihr Verhalten im Unendlichen aussagen. Im Kapitel Häufungspunkt einer Folge haben wir bereits das Konzept des Häufungspunkts als Verallgemeinerung des Grenzwerts kennengelernt. Der Häufungspunkt ist eine Zahl, gegen die ein Teil der Folge strebt und um die sich deswegen die Folgenglieder „häufen“. Damit können sie benutzt werden, um das Verhalten einer Folge im Unendlichen zu beschreiben.
Durch Angabe des größten und des kleinsten Häufungspunkts können wir den Bereich einschränken, wo sich diese Häufungspunkte befinden. Der größte Häufungspunkt wird dabei Limes superior und der kleinste Limes inferior genannt. Dabei verwenden wir für den größten Häufungspunkt einer Folge
Das abgeschlossene Intervall [lim inf
Wir wollen eine Folge genauer durch die Bestimmung des kleinsten und größten Häufungspunkts beschreiben. Dadurch schwächen wir den Grenzwertbegriff ab und gewinnen einen anderen Blick auf die Folge. Der größte Häufungspunkt wird Limes superior genannt und wird bei einer Folge
Limes superior
Der Limes superior einer Folge
Limes inferior
Der Limes inferior einer Folge
Eine Folge konvergiert genau dann, wenn der Limes superior und der Limes inferior existieren und übereinstimmen:
Limes superior/inferior und Konvergenz
Eine Folge
Limes superior/inferior und Konvergenz
Wir müssen die Äquivalenz
zeigen.
Die Hin-Richtung "
Für die Rück-Richtung "
Eine Folge
Der Satz lässt sich auch auf bestimmt divergente Folgen übertragen. Es gilt
Ist
Alternative Definition von lim sup und lim inf
Ist
Monotonieregel
Seien
und
Zusammenhang limsup und liminf
Sei
Summenregel
Seien
Cauchy-Folgen
In dem letzten Kapitel haben wir den Begriff des Grenzwerts einer Folge kennengelernt. Du hast auch gesehen, wie man die Konvergenz einer Folge mit Hilfe der Epsilon-Definition des Grenzwerts beweisen kann. Für den Konvergenzbeweis mit der Epsilon-Definition ist es aber notwendig, den Grenzwert der Folge zu kennen bzw. eine Vermutung zu haben, was der Grenzwert der Folge sein könnte.
Die Epsilon-Definition des Grenzwerts lautet nämlich: Zu jedem
Wie kann man beweisen, dass eine Folge konvergiert, ohne den Grenzwert dieser Folge zu kennen?
Wie würdest du dieses Problem lösen? Ein erster Ansatz ist folgende Hypothese:
Eine Folge konvergiert genau dann, wenn der Abstand zwischen benachbarten Folgengliedern beliebig klein wird.
Diese Hypothese ist plausibel. Ist aber dieses Kriterium ausreichend? Leider nicht! Nimm zum Beispiel die Folge
Die Folge wird beliebig groß und divergiert damit. Der Abstand benachbarter Folgenglieder wird aber beliebig klein. Hier siehst du, dass wir ein stärkeres Kriterium als unsere obige Hypothese benötigen. Cauchy-Folgen erfüllen genau dieses stärkere Kriterium.
Nehmen wir die Epsilon-Eigenschaft des Grenzwerts und „spielen“ ein wenig damit herum. Wenn eine Folge
Fixieren wir ein
Insgesamt erhalten wir mit Hilfe der Dreiecksungleichung folgende Abschätzung für
Folgenglieder nach
Obige Epsilon-Umgebung besitzt die Breite
Diesen Ausdruck können wir nun schöner schreiben. Hierzu setzen wir
Folgen mit dieser Eigenschaft werden Cauchy-Folgen genannt. Du siehst, dass diese Definition nicht auf den Grenzwert einer Folge zugreift. Später werden wir sehen, dass eine reelle Folge genau dann konvergiert, wenn sie eine Cauchy-Folge ist. So kann man die Konvergenz einer Folge beweisen, ohne den Grenzwert kennen zu müssen.
Hinweis: In den folgenden Abschnitten werden wir auch bei Cauchy-Folgen wieder
Cauchy-Folge
Eine Folge
Intuitiv gesprochen ist eine Folge genau dann eine Cauchy-Folge, wenn die Abstände der Folgenglieder untereinander beliebig klein werden. Beachte, dass hier mehr als nur der Abstand direkt benachbarter Folgenglieder gemeint ist. Zur Illustration:
Wir haben die Definition der Cauchy-Folge als Alternative zur Konvergenzdefinition hergeleitet. In den folgenden Abschnitten werden wir beweisen, dass bei reellwertigen Folgen jede Cauchy-Folge konvergiert und umgekehrt. Beginnen wir mit dem Beweis, dass konvergente Folgen Cauchy-Folgen sind:
Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge.
In der Einleitung haben wir eigentlich schon den Beweis für den Satz aufgeschrieben. Hier haben wir nämlich ausgehend von der Epsilon-Definition der Konvergenz die Definition einer Cauchy-Folge hergeleitet. Um den Beweis schöner zu schreiben, sollten wir aber nicht den Umweg über die neue Variable
Sei
für alle
Genau wie bei konvergenten Folgen können wir folgenden Satz beweisen:
Jede Cauchy-Folge ist beschränkt.
Dieser Satz verwundert nicht. Wir haben Cauchy-Folgen eingeführt, um mit innen die Konvergenz einer Folge zeigen zu können. Jede Cauchy-Folge soll nämlich konvergieren (wir werden sehen, dass dies für reelle Folgen tatsächlich gilt) und konvergente Folgen sind bekanntlich beschränkt. Der Beweis zum obigen Satz ist ähnlich wie der entsprechende Beweis bei konvergenten Folgen:
Sei
für alle
Vor
Insgesamt ist die Folge damit nach oben durch
Es folgt nun ein (Hilfs-)Satz, den wir später benötigen werden, um die Konvergenz einer (reellwertigen) Cauchy-Folge zu beweisen:
Cauchy-Folgen mit konvergenten Teilfolgen konvergieren
Jede Cauchy-Folge
Sei
Kommen wir nun zum eigentlichen Grund, warum es sich lohnt, CauchyFolgen zu studieren. Wir können nämlich zeigen, dass jede Cauchy-Folge konvergiert. Es gilt der Satz:
Cauchy-Folgen konvergieren
Sei
Weil in der Definition einer Folge ihr Grenzwert keine Rolle spielt, können wir mit dem obigen Satz die Konvergenz einer Folge nachweisen, ohne deren Grenzwert kennen zu müssen. Dies ist insbesondere in Beweisen hilfreich, bei denen die zu betrachtende Folge so allgemein ist, dass wir ihren Grenzwert nicht kennen können.
Bevor wir uns mit dem Beweis beschäftigen, möchten wir dir noch zeigen, wie wichtig die Grundmenge ist. Nehme hierzu von
Diese Folge konvergiert gegen
Wir sehen, wie wichtig die Grundmenge für den obigen Satz ist. Wir sehen auch, dass wir im Beweis die Vollständigkeit von
Sei
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